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Kinder- und Jugendliteratur

Am Dienstagabend (21. November 2023) fand ein Vortrag zum Thema „Der Fall ,Jim Knopf‘ und die Debatte um Kinder- und Jugendliteratur in politischen Zeiten“ für die Deutsch-Leistungskurse der KS 11 von Frau Leppert, Frau Möllering, Herrn Dehning und Herrn Heitmann statt. Der Referent Dr. Jochen Bedenk begann den Vortrag mit der Geschichte „Das fremde Kind“, das als Inspiration in vielen Geschichten Michael Endes aufgegriffen wird. Über verschiedene Medien, wie Kunstwerke, Bücher, Filmsequenzen und Illustrationen wurde uns die Bedeutung des historischen Kontextes sowie der Intermedialität und die damit verbundene Komplexität des Werkes aufgezeigt. Viele von uns bekamen wohl das erste Mal eine Idee davon, wie schwer es ist, ein gutes Buch, insbesondere für Kinder, zu schreiben. Dieser Erkenntnis schloss sich die erste zentrale Frage des Vortrags an, was Kinderliteratur überhaupt enthalten solle und dürfe.
Michael Ende, der gegen Ende seines Lebens von Computerspielen abhängig war, wählte die Phantasie als zentralen Übermittler, mit dem Kinder eine Vorstellung der Vielseitigkeit unserer Welt entwickeln können. Die Enttäuschung eines Kindes, das begreift, dass es niemals einem sprechenden Drachen begegnen wird, sei zwar schwer mit anzusehen, die Phantasie erfülle aber einen wichtigen Zweck. Neben fantastischen Elementen skizzierte Bedenk auch das gesellschaftspolitische Systems der Entstehungszeit. Exemplarisch wies er darauf hin, dass die Figuren in „Jim Knopf“ die englische Gesellschaft, Arbeiter, Händler, einem Mitglied der Oberschicht und einem Monarchen, darstelle. Die Drachenstadt, die die Freunde Jim und Lukas besuchen müssen, ähnele dem nationalsozialistischen Berlin, das als Zentrale rassistischen Denkens auch in dem Roman eine entscheidende Rolle spiele. Dem Halbdrachen Nepomuk sei es beispielsweise aufgrund seiner Andersartigkeit nicht erlaubt, die nur für ganze Drachen zugängliche Drachenstadt zu betreten. Viele von uns kannten die Geschichte aus ihrer Kindheit und die Erkenntnis, wie viel Aufarbeitung der Vergangenheit in diesem Werk steckte, sorgte für Überraschung.
Der Referent stellte heraus, dass das Aufarbeiten der Vergangenheit ebenso von Bedeutung sei, wie der Ausblick in die Zukunft, der durch eine schlussendlich vereinte Insel eine friedliche multikulturelle Gesellschaft, aufzeigen würde. Dieses Hoffen auf Akzeptanz spiegele sich ebenfalls in der Wahl der schwarzen Sympathiefigur, bzw. Protagonisten, wider, da sie die Integration von schwarzen Kindern in Schulen erleichtern sollte. Diese Intention stände demnach im Kontrast zu den Vorwürfen von Rassismus, denen das Werk heute
ausgesetzt ist. Seit 2013 seien erneute Debatten über die Vertretbarkeit des Werkes in Kinderzimmern aufgekommen, die sich vor allem mit rassistischen Bezeichnungen und die Reduzierung auf Stereotype beschäftige.
Der Kritik an den Stereotypen entgegen, stellte Bedenk den Stil Endes. Das Nutzen von Stereotypen zu Beginn sei bewusst geschehen, um im Verlaufe des Werkes eine Entwicklung hin zu Individuen aufzuzeigen. Das Unbekannte und Fremde würde den Kindern so schrittweise nähergebracht werden und verdeutlichen, dass Äußerlichkeiten nicht das Wesen eines Menschen ausmachen würden. Zum Abschluss folgte unter Führung der KS11 Schüler Alma Holm und Bennet Christoph eine Diskussion zu der Leitfrage, ob man Jim Knopf seinen Kindern vorlesen solle oder nicht. Statt der Bildung von zwei Lagern, wurde nach Lösungen gesucht und Alternativen wie ein möglicher Hinweis vor dem Text oder die Abänderung einzelner problematischer Wörter diskutiert. Die Frage, in welchem Maße Kinder ihre Aufmerksamkeit auf einzelne Wörter legen, wurde mit persönlichen Erfahrungen und dem großen Stellenwert der erschaffenen Welt ins Verhältnis gesetzt. Die Kombination aus entspannter Atmosphäre und regem Austausch machte den Vortrag zu einem
Abend an den sich wohl viele gut erinnern werden. Wir danken Frau Leppert herzlich für die Organisation.
Ein Bericht von Jana Biehsmann (KS11)

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