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Der Literaturkurs produziert Texte zum Hören

Die Novelle blickt als literarische Gattung auf eine lange Tradition zurück. Giovanni Boccaccio liefert im 14. Jahrhundert mit dem Dekamerone das Scharnier zwischen einer mittelalterlichen, mündlich geprägten, Erzähltradition und der Novelle der Neuzeit. Boccaccios Schilderungen über den Ausbruch der Pest, Quarantäne, sittlichen Verfall und Streitigkeiten bis in die Familien hinein weisen deutliche Bezüge zu unserer Gegenwart auf. Bei Boccaccio ist es das Erzählen junger Menschen, das die durcheinander geratene Ordnung wiederherstellt. „Was ist eine Novelle anderes als eine sich ereignete unerhörte Begebenheit?“, fragt Johann Wolfgang von Goethe 500 Jahre später seinen Vertrauten Eckermann. Er wird mit seiner Novelle und den Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten zum wichtigsten Bezugspunkt der deutschsprachigen Novellentradition.
Seither beteiligen sich Autorinnen und Autoren produktiv mit eigenen Novellen an der Diskussion, was eine Novelle ausmacht. Über die literarischen Epochen hinweg werden die Merkmale und die Grenzen der Gattung neu verhandelt und durch innovative Gattungserneuerungen diskutiert und verschoben. Gemein haben alle vor allem die mittlere Länge und eine geradlinige Komposition, die sich mit einem verdichteten Netz von Bildern um ein Mittelpunktereignis herum anordnet.
Die Schülerinnen und Schüler des Literatur-Kurses untersuchen Novellen von E.T.A Hoffmann, Gerhard Hauptmann, Hermann Hesse, Alfred Döblin, Anna Seghers, Friedrich Dürrenmatt, Martin Walser, Siegfried Lenz, Daniel Kehlmann und Dana Grigorcea und zeichnen so den Weg der Novelle durch die Epochen nach. In Form von selbst konzipierten, gesprochenen und aufgenommenen
Hörtexten, stellen sie in unterhaltsamer Kürze vor, was das Interessante der einzelnen Texte ausmacht.
Die   Hörfunk-Journalistin Sophia Spyropoulos   (MDR Aktuell Nachrichtenradio) besuchte den Literaturkurs am 18. Mai 2022 digital und am 25. Mai 2022 in Präsenz. Sie leitete die Schülerinnen und Schüler an, eigene Hörtexte zu produzieren. Der Kurs lernte zunächst wichtige Regeln beim Schreiben eines Hörtextes, der zum Beispiel aus kurzen leicht verständlichen Sätzen bestehen muss und wenig Passiv und Nominalisierungen aufweisen sollte. Bei dem Besuch von Spyropoulos am 25. Mai 2022 arbeiteten die Schülerinnen und Schüler dann vor allem praktisch. Anhand von Übungen aus allen Ebenen des Sprechens wurde die Aufnahme der Hörtexte vorbereitet. Die Regulation des eigenen Vortrags in den Bereichen Stimme, Wort, Satz, Absatz und Ansprechhaltung wurde durch diese Übungen für die Schülerinnen und Schüler erfahr- und steuerbar.
Die Ergebnisse des Projekts werden an Pfingsten in einer akustischen Ausstellung vorgestellt – und hier auf der Homepage veröffentlicht:

1.      Der Sandmann
2.      Bahnwärter Thiel
3.      Die Ermordung einer Butterblume
4.      Die Morgenlandfahrt
5.      Ausflug der toten Mädchen
6.      Der Auftrag
7.      Ein fliehendes Pferd
8.      Schweigeminute
9.      Der fernste Ort
10.    Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen

 

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